Große gewerbliche Neuansiedlungen wirken als Impulsgeber für Wirtschaft und Arbeitsmarkt und es entstehen viele neue Arbeitsplätze, auch indirekte Arbeitsplätze durch hinzukommende Zulieferbetriebe und ergänzende Dienstleistungen. Die Arbeitsplätze können nicht nur mit Arbeitskräften aus der Region besetzt werden, sodass Zuzüge und somit zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum und Wohnfolgeinfrastruktur entstehen.
Trotzdem ist die Zahl der Wohnraumsuchenden häufig geringer als erwartet: Im Rahmen der Ansiedlung von Tesla in Grünheide wurden beispielsweise für die erste Ausbaustufe 12.000 neue Arbeitskräfte für den Landkreis Oder-Spree erwartet – tatsächlich wird aber lediglich von einer Zusatznachfrage nach „nur“ 2.300 Wohnungen ausgegangen. Denn bei der Ermittlung der Zusatznachfrage muss unter anderem berücksichtigt werden, wie hoch der Teil der Beschäftigten ist, der bereits im Umfeld wohnt oder Tagespendler ist und damit keine neue Wohnung braucht. Zukünftig wird sich die Mitarbeiterakquise aufgrund des fortschreitenden Fachkräftemangels in Deutschland noch stärker auf das Ausland verlagern müssen, um ausreichend Arbeitskräfte anzuwerben. Wenn dies gelingt, würde bei neuen Ansiedlungen der Anteil der Zugezogenen und damit auch die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum größer.
Doch welche Wohnungsarten fragen die zugezogenen Arbeitskräfte nach? Dieser Frage ist Timourou bei den Ansiedlungen von Tesla (Grünheide), intel (Magdeburg) und CATL (Erfurter Kreuz) im Auftrag der jeweiligen Landkreise und Städte nachgegangen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Wohnwünsche und -bedürfnisse der zuziehenden Arbeitskräfte. Diese sind abhängig von der branchenspezifischen Arbeitskräfte- und Lohnstruktur. Je nach Alter, Lebensphase, Nationalität oder Qualifikation und Einkommen werden unterschiedliche Wohnungen in unterschiedlichen Wohnlagen nachgefragt.
Junge Menschen, Geringverdiener, aber auch häufig Ausländer benötigen beispielsweise preiswerte Mietwohnungen in Städten mit guter Infrastruktur. Auch die Sicherheit und Bleibeperspektive des Arbeitsplatzes oder andere temporäre Beschäftigungssituationen haben Einfluss auf die Wohnraumwahl: Befristete Verträge tragen beispielsweise dazu bei, dass zunächst vor allem kleine, preiswerte oder möblierte Mietwohnungen oder WG-Zimmer nachgefragt werden. So geschehen auch bei der Ansiedlung von CATL am Erfurter Kreuz: Von den im Jahr 2022 knapp 1.000 angestellten Arbeitskräften sind bis zu 40 bis 50 % Chinesen, die das Werk aufbauen, die jedoch perspektivisch durch Arbeitskräfte aus Deutschland und Europa ersetzt werden sollen. Die chinesischen Arbeitskräfte wohnen fast ausschließlich in WGs in den vom Konzern in der Region, überwiegend im städtischen Umfeld angemieteten Wohngebäuden.
Bei anderen neuen Mitarbeitern verändern sich im Zeitverlauf die Wohnwünsche häufig: Mit zunehmender Arbeitsplatzsicherheit oder Gehaltserhöhungen werden auch Familienangehörige nachgeholt und noch einmal andere Wohnformen wie Eigentumswohnungen, Eigenheime oder größere bessere Wohnungen nachgefragt. Deswegen entwickelt sich erst auf längere Sicht eine größere Nachfrage nach Einfamilienhäusern.
Im Ergebnis lassen sich für die Kommunen Szenarien erstellen, wann wie viele Wohnungen welcher Art angeboten und welche Wohnbauflächen entwickelt werden sollten.